Personaler und manchmal auch Mitarbeiter aus dem zukünftigen Team nutzen sogenannte Case Studies im Assessment Center, um
Dein Auftreten und somit eine gelungene Selbstpräsentation sind für Deinen Bewerbungsprozess äußerst wichtig. Daher solltest Du während des Assessment Centers oder des ersten persönlichen Gesprächs in jedem Fall auf die Körpersprache achten.
Eine Case Study ist eine fallbezogene Aufgabe, die es als Teil eines Assessment Centers oder Bewerbungsgesprächs zu lösen gilt. Dieses Vorgehen wird meist für Consulting-Jobs eingesetzt. In der Case Study wird ein fiktives oder reales Problem geschildert, für das der Bewerber oder die Bewerberin dann eine Lösung erarbeiten muss. Dabei werden Handlungs- und Entscheidungsvermögen des Bewerbers beobachtet und wirken sich auf das Auswahlverfahren aus. Eine Case Study erfordert eine konzentrierte Auseinandersetzung mit dem Problem, lösungsorientiertes Denken und Handeln sowie das Präsentieren von wichtigen Ergebnissen.
Nimmst Du an einem Bewerbungsverfahren teil, in dem auch eine Case Study bearbeitet werden muss, dann werden die Personaler Dein Vorgehen und Deine Ergebnisse währenddessen und hinterher bewerten. Dies geschieht anhand von bestimmten Kriterien wie beispielsweise:
All diese Dinge werden im Rahmen der Case Study genau beobachtet und fließen in den Gesamteindruck von Deiner Person mit ein.
Ein Framework ist eine Art Struktur oder „geordneter Rahmen“, der Dir bestimmte Anwendungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Das Arbeiten mit einem solchen Gerüst bzw. einer Struktur unterstützt Dich beim Entwickeln einer sinnvollen Lösung (für die Case Study im Assessment Center). Jedes Framework ist wie eine kleine Universalanleitung, die für mehrere Problemlösungen infrage kommt.
Aber wie lässt sich eine Case Study jetzt bearbeiten. Wichtig ist vor allem, dass Du Dein Können im Hinblick auf lösungsorientiertes und fokussiertes Arbeiten zeigst. Dazu eignen sich beispielsweise Hilfsmittel wie das Arbeiten mit Frameworks.
Für einige Case Studies lassen sich mit dem Anwenden von einfachen Vorgehensmustern schnell Lösungswege erarbeiten:
Die Anwendung dieses Frameworks ist eigentlich ganz einfach: Bekommst Du eine Entwicklungskurve wie eine Angebots- und Nachfragekurve zum Bearbeiten vorgelegt, analysiere die Angebots- und Nachfragesituation. Welche Veränderungen gab es in Bezug auf das Angebot? Gibt es einen unerwarteten Konkurrenten am Markt? Welche Fortschritte wurden in der betreffenden Branche gemacht? Wie haben sich die Kosten verändert? Das Gleiche machst Du mit der Nachfragesituation: Welche (umwelt)politischen Einflüsse könnten sich auf die Nachfrage auswirken? Gibt es Veränderungen in der Wirtschaftskraft? Wie hat sich die Preis-Situation am Markt verändert?
Wird in der Case Study während des Assessment Centers nach Gewinneinbrüchen, Umsatzeinbußen oder Ursachen von einer schnellen Veränderung des Kapitalflusses gefragt, kann Dir dieses Framework helfen. Zur Lösung einer solchen Case Study solltest Du interne und externe Faktoren berücksichtigen. Zum Beispiel könnten als interner Faktor das Produktsortiment, die Motivation der Mitarbeiter oder konzeptionelle Schwächen in der Vermarktungsstruktur eine Rolle spielen und problembezogen analysiert werden. Als externe Faktoren bieten sich beispielsweise neue Konkurrenz am Markt, Veränderung des Konsumverhaltens oder eine veränderte Erwartung des Kunden an das Produkt an. Idealerweise analysierst Du für den Lösungsweg Deiner Case Study zwei bis drei interne und externe Faktoren.
Analysierst Du für Deine Case Study ein neues Geschäftsfeld oder eine neue Investition von einem Unternehmen, kannst Du Dir ganz einfach eine Liste mit den Kosten und dem Nutzen erarbeiten. Dafür musst Du nur die Kosten gegen den Nutzen abwägen. Möchte eine Kleinstbrauerei beispielsweise einen eigenen Lieferdienst etablieren, müssen die Webseite auf Vordermann gebracht werden, Marketingmaßnahmen erfolgen und die logistischen Gegebenheiten geschaffen werden. Dem Gegenüber steht der Nutzen, der in diesem Fall eine Umsatzsteigerung, neue Kunden und die Steigerung der Bekanntheit bedeuten könnte.
Bei fast allen Case Studies spielen die Kosten eine wichtige Rolle. Daher solltest Du zusätzlich zum angewandten Framework immer zwischen fixen Kosten, also beispielsweise Miete, und variablen Kosten, wie beispielsweise Herstellungskosten, unterscheiden. Sieh Dir die Aufgabe genau an und identifiziere anhand des Problems fixe und variable Kosten.
Komplexere Fragestellungen lassen sich mit verschiedenen Hilfsmitteln schneller erfassen und bearbeiten.
Als eines der wirkungsvollsten Frameworks zur Betrachtung von Marktattraktivität und -potenzial, geht der Ökonom Michael E. Porter davon aus, dass die Branchenattraktivität von fünf Wettbewerbskräften abhängt. Diese Faktoren seines „Fünf-Kräfte-Modells“ sind:
Analysierst Du die Problemstellung nach Porter, kommst Du schneller zum Wesentlichen und kannst den Kern des Problems einfacher erfassen.
Als eines der wichtigsten Instrumente in der strategischen Planung kannst Du die SWOT-Analyse auch zum Lösen von Case Studies nutzen. SWOT ist ein Akronym für:
Mit der Analyse lassen sich Positionen besser bestimmen und Strategien beispielsweise für Unternehmen entwickeln. Als Methode zur strategischen Planung können mit SWOT Bestandsaufnahmen und Zustandsbeschreibungen für eine Case Study gemacht werden. Erst wird das Unternehmen analysiert und alle Merkmale benannt, die als besondere Stärken und Schwächen des Unternehmens zu sehen sind. Dann folgt die Markt- und Umfeldanalyse, bei der alle Merkmale aufgezeigt werden, die Chancen oder Risiken bergen können. Geht es darum, Ressourcen, Budgets, Projekte oder Strategien zu planen und zu realisieren, ist SWOT das richtige Hilfsmittel. Die Analyse wird auch für das Erstellen von Businessplänen eingesetzt.
Die 3Cs (Customer = Kunde; Competitors = Wettbewerber; Company = Unternehmen) werden für eine Markt- und Branchenanalyse eingesetzt. Geht es in der Case Study um die Einführung eines neuen Produktes, dann schaffst Du Dir mit der Betrachtung der 3Cs einen strukturierten Überblick über die Erfolgsfaktoren. Kunden haben Bedürfnisse und stellen Anforderungen, das Unternehmen nimmt diese wahr und schafft ein passendes Produkt. Um die Erwartungen zu erfüllen, wird versucht sich von den Wettbewerbern zu unterscheiden und das Bedürfnis möglich genau abzudecken. Angewandt auf die praktische Fallstudie, kannst Du schnell bereits erste Ergebnisse vorweisen.
Geht es um die Vermarktung eines Produktes oder einer Dienstleistung, hilft es, sich für die Case Study im Assessment Center mit den 4Cs bzw. 4Ps zu beschäftigen:
Diese Methode eignet sich ebenfalls für Fallstudien, die mit neuen Produkten zu tun haben. Beim Anwenden solltest Du hinterfragen, welchen Preis die Kunden bereit wären für das Produkt zu bezahlen, wie der Kunde das Produkt schnell erhalten kann, ob die Erwartungen der Kunden erfüllt werden und wie Du die Kunden am besten ansprechen könntest.
Das 5C-Modell von Namics eignet sich für Case Studies im E-Commerce-Bereich und soll den Kundenprozess abbilden. Die 5Cs setzen sich zusammen aus:
Überlege Dir anhand der 5Cs Maßnahmen für den zu bearbeitenden Shop, so kannst Du Dich schneller auf die wichtigen Aspekte konzentrieren.
Bereitest Du Dich auf das Assessment Center vor, dann sollte der Umgang mit Frameworks auch dazu gehören. Denn: Wenn Du schnell agieren willst, ist es gut die Methoden bereits vorher ein paar Mal angewandt zu haben. Du kennst vielleicht auch die Frameworks BCG-Matrix oder McKinsey-Methode, die sich vor allem dann eignen, wenn Du eine Portfolio-Analyse erstellen musst. Die Anwendung dieser Methoden erfordert Erfahrung, je nach Einstellungsgrad kann es von Nutzen sein, sie zu kennen oder zumindest bereits von den beiden Frameworks gehört zu haben. Dass die Zeit bleibt, sie auch für eine Case Study im Assessment Center anzuwenden, ist äußerst unwahrscheinlich.
Bei jeder Case Study gilt abschließend aber das Gleiche: Erkläre unbedingt, welche Fachkenntnisse Dir bei der Lösung des Fallbeispiels geholfen haben. Ebenfalls wichtig ist, warum und wie Du die Aufgaben priorisiert hast, wie Du auf Deinen Schwerpunkt gekommen bist und wieso Du ihn so gewählt hast. Das zeigt Deine analytische Denkweise und die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen.
Tipp: Beschäftige Dich vor dem Assessment Center mit dem Unternehmen! Was macht die Konkurrenz? Wie interpretierst Du die Marketing-Strategie? Und wo gibt es Chancen oder tuen sich Lücken auf?
Damit Du Dir etwas besser vorstellen kannst, was bei einer Case Study im Assessment Center auf Dich zukommt, werden im Folgenden verschiedene Arten von Case Studies mit Beispielen aufgeführt. Zuerst wird der Business Case dargestellt.
Der Business Case behandelt eine praktische Problemstellung, die auch in der Gruppe getestet werden kann. Hierbei soll ein möglichst realistisches Fallbeispiel gelöst werden. Es wird getestet, ob Du im Sinne des Unternehmens denken und handeln kannst.
Für den Business Case bekommst Du meist bestimmte Zahlen und Informationen des Unternehmens und Infos zu externen Faktoren, die dir insgesamt einen Überblick verschaffen. Manche Details fehlen, andere Infos sind völlig unwichtig für die Lösung des Problems.
Es ist beim Lösen der Case Study besonders wichtig, den Fokus richtig zu setzen. Die Zeit ist meist begrenzt und sehr knapp, sodass Du Dich nicht an unwichtigen Details aufhalten solltest. Außerdem sind Dein Argumentationsaufbau und wie Du Deine Argumente vorbringst, wichtig. Selbst wenn Du bei der Präsentation Deiner Ergebnisse den größten Nonsens erzählst, mach es in jedem Fall mit voller Überzeugung.
Die meisten Business Cases drehen sich um folgende Themen:
Praktische Fragen für Business Cases könnten zum Beispiel sein:
Bei der Case Study mit Marktgrößenschätzung musst Du eine Schätzung eines bestimmten Absatzmarktes vornehmen. Hierbei werden Dein logisches Denken und Dein Allgemeinwissen abgeklopft. Die Fragen können zum Beispiel lauten „Wie groß schätzen Sie den Markt für Rollatoren in Deutschland ein?“ oder „Wie groß schätzen Sie das Potenzial für ein Geschäft mit Kinderwagen ein?“. Du darfst dabei auch laut nachdenken, Dir Notizen machen und Rückfragen stellen, wichtig ist nur, dass Deine Überlegungen während der Bearbeitung und bei der Präsentation nachvollziehbar sind.
Eine Case Study mit Brainteaser ist eine Denkaufgabe, die nichts mit der unternehmerischen Tätigkeit zu tun haben muss. Es können auch sehr schwere Fragen sein, auf die es nicht immer eine Antwort gibt, sondern auch mal mehrere oder auch mal keine. Diese „Brainteaser“ können völlig absurd sein und auch im Zusammenhang mit dem Unternehmen stehen.
Stell Dich daher auf Fragen ein wie:
• Wie viele Smarties passen in einen Handgepäck-Trolly?
• Wie schwer ist Berlin?
• Wie viele Kopien werden in unserem Unternehmen täglich angefertigt?
• Wie viele Schafe gibt es in Neuseeland?
• Warum sind Klingelschilder rechteckig?
Die Lösung ist hierbei irrelevant, ein ruhiges Analysieren ist angebracht und auch Rückfragen solltest Du stellen. Begründe Dein Ergebnis schlüssig, selbst wenn es falsch ist, und zeige Deinen Lösungsweg auf.
Tipp: In unserem Artikel „7 Fragen im Vorstellungsgespräch: So punktest Du richtig“ findest Du weitere hilfreiche Hinweise für Dein Vorstellungsgespräch und für das Assessment Center.
Von Bewerbern auf eine Führungsposition wird in der Regel Entscheidungsfähigkeit, Führungsqualität und eine hohe fachliche Kompetenz erwartet. Die Case Studies sind komplexer gestaltet und können Probleme mit dem Personal beinhalten. Erkundige Dich daher unbedingt vorab über das richtige Verhalten und was einen guten Chef ausmacht.
Die Case Study für eine Stelle als Führungskraft wird meist einzeln gelöst (Einzel-Assessment Center) und nicht in der Gruppe. Außerdem können mehrere Faktoren, die Dich unter Druck setzen sollen, in der Case Study zusammen kommen: Zum Beispiel könnte es sein, dass ein wichtiger Termin bei einem neuen Kunden ansteht, der dafür zuständige Mitarbeiter soeben gekündigt hat, die anderen anwesenden Mitarbeiter voll ausgelastet sind, da bei der Urlaubsplanung etwas schief gelaufen ist, und der Vorstand schnellstmöglich ein Reporting über die Entwicklungen am Markt in Bezug auf ein neues Produkt von Dir erwartet.
Neben Case Studies, die auf hohen Druck abzielen, sind wirklich problematische Situationen ebenfalls ein beliebtes Mittel, um Bewerber zu testen. Zum Beispiel ein Streit zwischen Kollegen, die für den Erfolg Deines Projektes aber zusammenarbeiten müssen. Auch anonyme Streiche, Mobbing am Arbeitsplatz, Sexismus-Vorwürfe oder das Kündigen von eigenen Mitarbeitern kommen für eine Case Study für Führungskräfte in Frage. Fachliche Kompetenz ist für Führungspositionen ohnehin Voraussetzung, sodass Du mit dem Lösen von komplexen, fachbezogenen Case Studies als zukünftiger Chef eigentlich keine Probleme haben solltest.
Zum Schluss fassn wir nochmal kurz und knapp zusammen, was Du bei einer Case Study im Assessment Center beachten musst.
Ob Führungsposition oder Anstellung ohne Führungsverantwortung, verstelle Dich im Assessment Center nicht und versuche möglichst viel von Deiner besten Seite zu zeigen. Die potenziellen neuen Arbeitgeber für Deinen gelungenen Auftritt findest Du übrigens in der AVANTGARDE Experts Jobbörse! Fehlen Dir noch die Basics für einen überzeugenden Auftritt, hilft Dir der Artikel „Überzeugen im Vorstellungsgespräch“ mit psychologischen Tricks bestimmt weiter.
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